Offline-Dateien, Ordnerumleitung und Roaming Profiles in Windows 7
Die Forderungen nach einem modularen Desktop, die besonders im Zuge der Client-Virtualisierung erhoben werden, betrifft auch auf die Loslösung der Benutzerumgebung von der Windows-Installation. Mittlerweile gibt es einen eigenen Markt für Tools zur User-Virtualisierung, mit denen die Schwächen der systemeigenen Mittel kompensiert werden können. Microsoft hat allerdings in Vista und Win 7 nachgebessert und einige Defizite bei Offline-Dateien, Ordnerumleitungen und Server-gespeicherten Profilen beseitigt.
Diese wesentlichen Roaming-Technologien wurden mit Windows 2000 unter der Bezeichnung "IntelliMirror" eingeführt. Angesichts des relativ geringen Anteils an Notebooks ging es vor allem darum, den Wechsel von Benutzern zwischen Bürorechnern zu unterstützen. Wenn sie sich an einem anderen Desktop anmelden, sollten ihnen auch dort ihre Einstellungen, Daten und die dazugehörigen Anwendungen zur Verfügung stehen.
Neue Anforderungen durch Notebook-Benutzer
Durch das inzwischen gängige mobile Arbeiten und dem damit verbundenen hohen Anteil an Laptops haben sich die Anforderungen an diese Funktionen verändert. So ist der ursprüngliche und häufig kritisierte Ansatz, beim An- und Abmelden des Benutzers alle geänderten oder neuen Dateien zwischen Client und Server zu kopieren nicht mehr praktikabel. Er führt schon im LAN zu langen Verzögerungen beim Logon und Logoff.
Wenn Benutzer aber vom heimischen DSL-Anschluss über VPN arbeiten oder über ein WAN auf den Server zugreifen, dann sind solche Kopierorgien untragbar. Hinzu kommt, dass Notebook-Benutzer sich oft über lange Zeit nicht abmelden und das Gerät einfach zuklappen, bevor sie ihren Standort wechseln. Die bisher eingesetzte Synchronisierungstechnik kommt aber nicht zum Zug, wenn sich das Gerät in den Hibernate-Modus schaltet.
Aufgrund der geänderten Nutzungsgewohnheiten durch mobiles Arbeiten entstehen daher folgende Anforderungen an das Management der Benutzerprofile:
- Die Daten sollten laufend zwischen Client und Server abgeglichen werden, um die Wartezeiten beim An- und Abmelden zu vermeiden, besonders bei langsameren Verbindungen
- Laptops werden oft verloren oder gestohlen, so dass die IT in der Lage sein sollte, auf einem Ersatzgerät möglichst aktuelle Benutzerprofile zur Verfügung zu stellen
- Der Zentralisierung der Benutzerdaten und -einstellungen sollte mit dem stark gestiegenen Datenvolumina zurechtkommen
Geringe Fortschritte bei Server-gespeicherten Profilen
Unter Windows soll das Zusammenspiel von Roaming User Profiles, Ordnerumleitung und Offline-Dateien die genannten Anforderungen erfüllen. Die scheinbar offensichtlichste Technik zur Zentralisierung der Benutzerprofile, neuerdings von Microsoft als User State Virtualization bezeichnet, besteht darin, alle lokal veränderten Daten und Einstellungen an den Server zu schicken.
Allerdings hat sich auch mit Windows 7 das Verhalten der Roaming User Profiles nicht grundsätzlich verändert. Die veränderten oder neuen Dateien werden beim Login auf den Client und beim Abmelden zurück auf den Server übertragen. Einzig die in der Registierdatenbank abgelegten User-spezifischen Einstellungen können synchronisiert werden, während der Benutzer angemeldet ist.
Dieser Abgleich erfolgt jedoch nicht per Voreinstellung, sondern muss über eine Gruppenrichtlinie aktiviert werden. Aber auch dann findet keine laufende Synchronisierung von Änderungen statt, sondern nur in Intervallen, die der Administrator festlegen kann.
Folder Redirect plus Offline-Dateien
Nachdem die Roaming Profiles auch unter Windows 7 nur beim An- und Abmelden abgeglichen werden, ist selbst im LAN mit größeren Verzögerungen zu rechnen, wenn etwa Videos oder große Powerpoint-Präsentationen übertragen werden müssen.
Um diese Beeinträchtigung für den User zu vermeiden, können Administratoren einzelne Ordner oder den ganzen Verzeichnisbaum des Benutzerprofils auf ein Netzlaufwerk umleiten. Deren Inhalt wird daher nur einmal zentral gespeichert, ein hin- und herkopieren zwischen Client und Server entfällt, zumindest während des Arbeitens im Firmen-LAN.
Dieses Modell klappt natürlich nicht für Notebooks, die getrennt vom Unternehmensnetz genutzt werden. Daher ergänzte Microsoft die Ordnerumleitung um die Offline-Dateien, die nach Möglichkeit unbemerkt vom Anwender aktiv werden sollen, sobald keine Verbindung zum Server besteht. Unter den 3 Techniken zum Management der Benutzerprofile brachte Windows 7 hier die größten Fortschritte:
- Beschleunigtes erstes Anmelden: Beim ersten Logon, nachdem die Ordnerumleitung aktiviert wurde, werden die lokal vorhandenen Benutzerdaten auf den Server verschoben. Bisher mussten die Anwender warten, bis diese Prozedur beendet war, bevor sie den Desktop zu sehen bekamen. Windows 7 übernimmt die Dateien zuerst in den lokalen Cache und kopiert diese dann von dort auf den Server, während der Benutzer schon arbeiten kann. Diese Hintergrund-Synchronisierung mittels BITS eignet sich auch für WAN-Verbindungen.
- Slow Connection Mode: Wenn eine Netzverbindung gemäß der Einstellung durch den Administrator als langsam gilt, dann schaltet Offline Files den Rechner in Offline bzw. Slow Connection Mode. Der Benutzer arbeitet dann nicht mehr mit den Dateien der auf den Server umgeleiteten Ordner, sondern mit den Kopien aus dem lokalen Cache. Die Hintergrundsynchroniserung versucht dabei weiterhin, die Dateien mit dem Server abzugleichen, so dass eine manuelle Synchronisierung entfallen kann.
- Ausschluss von Dateitypen: Das Feature "Exclusion List" erlaubt dem Administrator, bestimmte Dateitypen von der Replikation zwischen dem Client und den umgeleiteten Ordnern auszuschließen. Unter bisherigen Windows-Versionen wurden mit Offline Files alle Dateien auf den Server übertragen.
- Transparentes Caching: Dabei handelt es sich um eine Technik für das Arbeiten über WAN-Verbindungen. Das Feature sorgt dafür, dass auch Dateien, die nicht explizit für das Offline-Arbeiten verfügbar gemacht wurden, vom lokalen Cache geöffnet werden. Bisher lud Windows in einem solchen Fall eine Datei immer vom Server, auch wenn sie erst kürzlich geöffnet wurde. Da es sich um eine Caching-Funktion handelt, muss zumindest eine langsame Verbindung zum Server bestehen, damit sie überprüfen kann, ob sich die Server-Version der Datei in der Zwischenzeit verändert hat. Speichervorgänge erfolgen immer direkt am Server, nie lokal. Transparent Caching ist per Voreinstellung deaktiviert und muss vom Administrator über Gruppenrichtlinien aktiviert werden. Im Prinzip handelt es sich dabei um eine Magervariante von BranchCache.
- Bitmap Differential Transfer: Seit Vista nutzt Offline Files dieses Verfahren, das überprüft, welcher Block einer Datei während der Offline-Arbeit im Cache verändert wurde. Nur diese Blöcke werden an den Server gesendet. Das reduziert die übertragenen Datenmengen im Vergleich zu Windows XP, das nur komplette Dateien synchronisieren konnte. Damit fallen auch die Beschränkungen aus dem alten Windows, dessen Implementierung von Offline-Files mit sehr großen Dateien nicht zurecht kam.
Das Gros der Verbesserungen entfällt ganz offensichtlich auf das Gespann aus Ordnerumleitung und Offline-Dateien, das sich somit als der bessere Mechanismus für zentrale Benutzerdaten herausstellen sollte. Allerdings werden auf diesem Weg keine Benutzereinstellungen synchronisiert, so dass dafür weiterhin die Server-gespeicherten Benutzerprofile zuständig sind. Immerhin sind sie beim Abgleich der Daten aus der Registry besser geworden.